Auf den folgenden Seiten hat Prof. Dr. Norbert Graf, Leiter der pädiatrischen Onkologie an der Uniklinik Homburg, häufige Fragen betroffener Eltern zusammengefasst:
Krebs bei Kindern ist eine seltene Erkrankung. In Deutschland erkranken ca. 1800 Kinder bis zum Alter von 14 Jahren an einer Leukämie oder einem bösartigen Tumor. Am häufigsten werden Leukämien und am zweithäufigsten Hirntumoren (Medulloblastom, Ependymom und Gliome) diagnostiziert. Daneben treten Lymphknotenkrebs (M. Hodgkin und Non-Hodgkin-Lymphome) und Tumoren in den Weichteilen und Knochen (Sarkome: Rhabdomyosarkom, Ewingsarkom, Osteosarkom) auf. Zu den typischen kindlichen Tumoren zählen die embryonalen Tumorerkrankungen, wie das Neuroblastom (Tumor der Nebenniere bzw, des sympatischen Nervensystems, das Nephroblastom (häufigster kindlicher Nierentumor), das Retinoblastom (Tumor des Auges) und das Hepatoblastom (Lebertumor). Karzinome als typische Tumorerkrankungen des Erwachsenen sind dagegen im Kindesalter sehr selten.
Weiterführende Links:
Das typische Symptom für Krebs im Kindesalter gibt es nicht. Blässe, Müdigkeit in Verbindung mit einem Infekt und Blutungszeichen oder Knochenschmerzen können Zeichen einer Leukämie sein. Jede neu aufgetretene derbe, sich rasch vergrößernde und nicht gegen die Umgebung zu verschiebende Schwellung sollte immer an einen Tumor denken lassen, wenn eine andere Ursache, wie ein Trauma ausgeschlossen ist. Ein Hirntumor sollte immer bei zunehmenden Kopfschmerzen mit zusätzlich auftretenden neurologischen Symptomen ausgeschlossen werden. Aber auch ein übermäßiges Wachstum des Kopfes bei Säuglingen oder Krampfanfälle oder eine Wesensänderung des Kindes, manchmal mit Leistungsknick in der Schule können das erste und einzige Symptom eines Hirntumors sein, ebenso wie Sehstörungen oder neu aufgetretenes Schielen eines Auges. Eine Zunahme des Bauchumfangs mit einer derben tastbaren Resistenz im Bauch ist ein Zeichen für einen Bauchtumor. Bei Hormonstörungen, wie einem Wachstumshormonmangel mit Minderwuchs, oder Pubertätsstörungen (zu früher oder zu später Pubertätsbeginn) kann die Ursache durch einen Tumor ausgelöst sein. Allgemein kann festgehalten werden, dass die Symptome kindlicher Krebserkrankungen sehr vielseitig sein können, dass aber immer eine Leukämie oder ein Tumor ausgeschlossen werden müssen, wenn die Symptome sich nicht anders erklären lassen, oder sich unter einer eingeleiteten Behandlung nicht bessern. Bei Angst vor einem Tumor ihres Kindes sollten sie ihren Kinderarzt aufsuchen und ihre Angst mit ihm besprechen. In den allermeisten Fällen kann nach Anhörung der Beschwerden und einer körperlichen Untersuchung durch weitere Maßnahmen, wie ein Blutbild oder eine Ultraschalluntersuchung, der Verdacht einer Krebserkrankung rasch und sicher durch den Kinderarzt widerlegt werden.
Weiterführende Links:
Heute können ca. 80 % der Kinder mit einer bösartigen Erkrankung geheilt werden. Die Heilrate ist dabei immer abhängig von der zugrunde liegenden Diagnose, dem Ausbreitungsstadium und dem Ansprechen auf die durchgeführte Therapie. In jedem Fall wird bei Kindern eine Behandlung immer mit dem Ziel eingeleitet, dieses Kind zu heilen.
Weiterführende Links:
Im Gegensatz zu Krebserkrankungen bei Erwachsenen gibt es nur zu ganz wenigen Erkrankungen Vorsorgeuntersuchungen, um eine Krebserkrankung schon vor ihrem Auftreten zu diagnostizieren und zu behandeln. Hierzu zählt das Retinoblastom und das medulläre Schilddrüsenkarzinom, die durch ihren Erbgang an andere Familienmitglieder weitergegeben werden können. Durch genetische Untersuchungen lässt sich in solchen Familien das Risiko des Auftretens eines entsprechenden Tumors sehr genau vorhersagen. Im Fall des medullären Schilddrüsenkarzinoms muss bei Nachweis der genetischen Veranlagerung zur Entwicklung dieses Tumors die Schilddrüse noch vor Beginn des Schuleintritts operative entfernt werden. Bei anderen Tumorerkrankungen kennt man ganz bestimmte vererbare Syndrome, die mit einer erhöhten Rate an Tumoren einhergehen, so z.B. Hemihypertrophie (vermehrtes Wachstum einer Körperhälfte) und Nephroblastom (Wilms Tumor) oder M. Recklinghausen und Hirntumore.
Trotz intensiver Forschung ist bis heute nicht eindeutig geklärt, warum Kinder und Jugendliche an Krebs erkranken. Man weiß, dass sich gesunde Zellen teilen und anschließend ganz bestimmte Funktionen ausüben bis sie schließlich absterben. Dies ist alles im Zellzyklus festgelegt. Gerät dieser in einer Zelle aus dem Gleichgewicht, so kann sich eine Tumor-, bzw. Krebszelle entwickeln. Ursache für eine solche Fehlregulationen sind Defekte in den Erbanlagen und Veränderungen (Mutationen) von Genen, deren Produkte das innere Uhrwerk der Zelle steuern (Transkriptionsfaktoren, Onkogene, Tumorsuppressorgene), die Verständigung zwischen einzelnen Zellen ermöglichen (Rezeptorgene) oder geschädigte Erbanlagen reparieren (Reparaturgene). Es gibt seltene vererbte Gendefekte sowie vererbte und angeborene Mutationen, die mit einem erhöhten Risiko, bereits im frühen Kindesalter an einem Tumor bzw. an Krebs zu erkranken, einhergehen (vererbbare Krebssyndrome). Aber der Krebs selbst ist keine Erbkrankheit. Äußere Einflüsse wie UV- oder Röntgenstrahlen, bestimmte chemische Substanzen, Gifte oder Infektionen können die spontane Entstehung von Mutationen begünstigen. Sie spielen allerdings für die Krebsentstehung bei Kindern und Jugendlichen eine untergeordnete, möglicherweise jedoch in der Schwangerschaft eine maßgeblichere Rolle. Es gibt Hinweise dafür, dass Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen im Gegensatz zu Erwachsenen häufig schon vor der Geburt angelegt sind. Das bedeutet, dass Veränderungen in bestimmten Körperzellen schon im Embryo eingetreten sind. Es ist bisher wissenschaftlich nicht belegt, dass Krebs bei Kindern und Jugendlichen durch menschliches Verhalten verursacht werden kann. Somit ist es nach dem aktuellen Wissensstand nicht möglich, dass sie oder ihr Kind etwas getan oder nicht getan haben, das die Erkrankung ausgelöst hat. Seelische Faktoren, zum Beispiel Beziehungs- oder Verlustkonflikte, werden immer wieder als mögliche Ursache diskutiert. Es gibt aber für diese Vermutungen bisher keinerlei Beweise.
Weiterführende Links:
Nein. Diese Information sollte auch an Kindergärten und Schulen herangetragen werden, damit die betroffenen Kinder aus diesem Grund nicht zu Außenseitern abgestempelt werden.
Ein Kind und auch Jugendliche mit einer Krebserkrankung sollten immer in einem kinderonkologischen Zentrum behandelt werden. Diese sind an jeder Universitätsklinik und den größeren städtischen Kinderkliniken zu finden. An diesen Kliniken werden die Patienten nach einheitlichen Therapieoptimierungsprotokollen behandelt, die ein höchstes Maß an Sicherheit für den Patienten und die höchsten Heilraten bieten. Da die Erfahrung in der Behandlung eine Rolle spielt, als auch die Notwendigkeit einer guten interdisziplinären Zusammenarbeit essentiell ist, sind nur größere Kinderkliniken in der Lage diese notwendigen strukturellen und personellen Voraussetzungen zu erfüllen. Daneben ist in den großen Zentren auch immer ein psychosoziales Team in den Behandlungsplan fest integriert.
Häufig klagen Kinder und Jugendliche unter und auch noch einige Tage nach einer Chemotherapie über Übelkeit, sie sind appetitlos und können Essen oft noch nicht mal riechen. Hier gilt es den Patienten nicht mit Druck zum Essen zu zwingen, sondern ihm spielerisch Speisen und Getränke anbieten, die er gerne mag, auch wenn er nur wenig davon zu sich nimmt. Eine guter Ratgeber ist die Broschüre: „Essen, Genießen, Genesen Ernährungsratgeber für Familien mit einem krebskranken Kind“ die über die Internetseite der Deutschen Kinderkrebsstiftung zu beziehen ist und in der alles Wesentliche zu diesem Thema mit auch praktischen Hilfen zusammengefasst ist.
Weiterführende Links:
Alternative Methoden der Medizin dürfen in der Behandlung von Krebserkrankungen niemals ausschließlich eingesetzt werden. Ohne die Standardbehandlung, die in Abhängigkeit der genauen Diagnose in unterschiedlichem Ausmaß Operation, Chemotherapie und Strahlenbehandlung einschließt, hat kein Kind eine Chance auf Heilung. Daher dürfen alternative Methoden nur komplementär eingesetzt werden. In jedem Fall sollte eine komplementäre Therapie immer mit dem behandelnden Kinderonkologen abgesprochen werden, da manche alternative Methoden nicht nur keine Wirkung gegen die Erkrankung aufweisen sondern mit starken Nebenwirkungen einhergehen. Folgende Regeln sollten in diesem Zusammenhang notwendigerweise beachtet werden: Die Behandlung darf das Kind nicht zusätzlich belasten oder die reguläre Durchführung der notwendigen Therapie behindern oder verzögern. Gleichzeitig sollten die Kosten der Behandlung nicht zu einer untragbaren finanziellen Belastung der Familie führen.